Bessere Reden halten im Geschäftsleben: Erst schreiben, dann reden

Ein Fachbeitrag der Autorin und Ghostwriterin für Bücher und Reden Gabriele Borgmann. –

„Das gesprochene Wort gilt.“ Diesen Satz lesen Journalisten unter Ihrer Pressemitteilung und Zuhörer auf Ihrer Rednermappe. Der Hinweis macht deutlich: All die Worte, die Sie durch Körperhaltung, Stimme und Mimik betonen, werden mit Ihrem Schlusssatz nicht verklingen. Sie haben eine Gültigkeit von langer Dauer. Die Medien dürfen Ihre Argumente zitieren, die Mitarbeiter ein Versprechen einfordern. Die Zuhörer erwarten, dass Inhalte wahrhaftig sind. Eine Rede ist ein Gradmesser für Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der internen und externen Kommunikation.

Selten werden Ihnen Mitarbeiter, Kunden und Medien derart konzentriert begegnen wie beim Hören einer Rede.

Verschenken Sie diese Chance nicht, indem Sie aufstehen und glauben, alleine mit dem Schwung der Spontaneität zu punkten. Eine Rede ist ein Businesstext, gesprochen und von immensem Nachhall für Ihr Image. So gilt die Formel für den Erfolg vor Publikum:

Erst schreiben – dann reden.

Schließlich kämen Sie nie auf die Idee, den Kreativteil des Geschäftsberichtes in der U-Bahn zu notieren und ohne Umwege in Druck zu geben. Erst durch Recherchieren, Planen, Schreiben erhält Ihr Thema ein Gewicht. Als Ghostwriterin für Bücher und Reden weiß ich: Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt und der erschöpft sich nicht im Lampenfieber vor dem Auftritt, sondern der tropft schon in den Schreibphasen von der Stirn.

Niemand verfasst eine Rede zwischen E-Mail-Check, Meeting und Telefongeläut.

Ständiges Ablenken verhindert das Fokussieren auf Ihr Thema. Das aber ist nötig, um Ihren Gedanken einen weiten Raum zu geben. Wenn Sie Ihre Rede schriftlich vorbereiten, dann werden Sie ahnen, wo Zwischenfragen kommen könnten, wo Pointen und Pausen angemessen sind. Mit dem Schreiben spannen Sie sich Ihr Sicherheitsnetz aus Fachwissen und dem guten Gefühl, das Beste zu geben. Sie lassen vor Ihrem geistigen Auge jene Stimmung entstehen, die Sie sich für Ihren Auftritt wünschen. Ihre Rede wächst in den drei Phasen aus Aufwärmen, Gliedern, Texten und Schleifen.

Drei Schritte zu Ihrem Redemanuskript:

1. Fünf-Minuten-Sprint zum Thema

So wie ein Sportler die Muskeln vor dem Training lockert, so aktivieren Schreiber ihr Gehirn durch einen Themensprint. Schreibforscher empfehlen, in dieser ersten fünfminütigen Textphase Blatt und Stift zu benutzen. Zur mentalen Komponente addiert sich hier eine haptische Note und zudem entsteht eine wunderbare Nähe zum eigenen Wort. Gönnen Sie sich fünf Minuten, um sich einzustimmen und das geht so:

Sie formulieren Ihr Thema als Überschrift und rasen über die Zeilen, lassen Gedanken und Worten freien Lauf. Dabei ignorieren Sie Ihren inneren Kritiker. Dabei halten Sie den Schmerz im Handgelenk aus. Sie stolpern nicht über fehlende Worte und hadern nicht mit Ihrer Ausdrucksweise. Sie halten einfach durch. Am Ende werden Sie sich wundern, welche Aspekte Ihnen in den Sinn kommen, welche Pointen schon jetzt aufleuchten. Unterstreichen Sie die markanten Stellen im Text. Diese sind Ihre Ankerpunkte für die Gliederung.

2. Gliedern für den Spannungsbogen

Um den Spannungsbogen zu ziehen, brauchen Sie das passende Werkzeug: die Gliederung. Nach klassischer Manier besteht sie aus Einleitung, Hauptteil, Schlussteil. Und es liegt einzig an Ihnen, wie Sie diese Leerräume mit Wissen und Kreativität füllen.

Bitte beachten Sie: Am Anfang ist die Aufmerksamkeit der Zuhörer groß, sehr groß.

Verschwenden Sie dieses Geschenk nicht durch Floskeln wie: Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich freue mich, den Vorstand begrüßen zu dürfen, den Bürgermeister willkommen zu heißen … Stopp. Besser ist es, mit einem Paukenschlag zu beginnen: Unsere 150-jährige Unternehmensgeschichte begann mit einer Niederlage von dramatischer Auswirkung. Guten Tag, meine Damen und Herren, wir schreiben das Jahr 1853. Der Winter war eisig und der Wind pfiff den zwanzig Arbeitern um die Ohren, ließ die Finger schmerzen. Die alten Mauern der Halle boten keinen Schutz und längst deutete sich an, dass … Storytelling baut Spannung auf, rührt an Gefühlen.

Im Hauptteil glänzen Sie mit Wissen. Wechseln Sie dazu die Perspektiven, indem Sie agieren wie ein Romanautor. Mal ist die Blende scharf gestellt und wirft einen Lichtkegel auf Ihre These. Mal entscheiden Sie sich für einen scharfen Schnitt und werfen eine kleine Anekdote ein, um später wieder den Faden aufzunehmen. Sie treten zurück und pausieren für drei Atemzüge. Spannung wächst durch ungleichen Rhythmus. Ein Dauerstakkato aus Kurzsätzen würde den Zuhörer verschrecken. Eine Aneinanderreihung langer Sätze würde ihn verwirren. Spielen Sie mit den Takten bis zum Schlussakkord.

Am Ende steigt die Spannungskurve noch einmal hoch. Der Zuhörer will ein Ergebnis, ein Versprechen, eine Inspiration. Und ein Lächeln. Verschenken Sie es schon in der Gliederung.

3. Vom Rohtext zum Feinschliff

An dieser Stelle packen viele Redner Blatt und Stift wieder ein oder fahren ihren PC herunter. Vielleicht folgen der Gliederung noch Schlüsselsätze im Karteiformat, aber dann reicht’s. Wirklich? Ich finde: Nein. Eine Rede ist ein Businesstext mit Leuchtkraft und es lohnt sich, einen Schritt mehr zu wagen und sich wirklich in das Thema hineinzusaugen.

Während der Rohtextphase entsteht Ihr Manuskript und Sie kommen Ihrem Zuhörer nah, wenn Sie sich fragen: Was will er erfahren? Wo soll er zucken? Wann soll lachen? Wann wollen Sie ihm die Sprache verschlagen mit Überraschungsmomenten? Wie ziehen Sie ihn in Ihre Rede rein und lassen ihn nicht wieder los? Bis zum Schlusspunkt. Mit dem Schreiben eines Rohtextes zaubern Sie jene Stimmung aufs Blatt, die Sie später vor Publikum spüren wollen.

Nun fehlen die Schleifarbeiten mit feinem Werkzeug. Mit dieser Detailarbeit beginnt der Glanz. Machen Ihre Verben Tempo? Färben die Adjektive in zarten Nuancen? Erkennen Sie Ihren Aktivstil? Stimmen die Übergänge zwischen Einleitung, Hauptteil, Schluss? Sind Ihre Argumente stimmig? Streichen Sie Redundanzen und Plattitüden. Achten Sie auf eine Sprache, die Ihr Zuhörer versteht, die vom Kopf ins Herz trifft. „Unverständlichkeit ist noch lange kein Beweis für tiefe Gedanken“, pflegte Marcel Reich-Ranicki zu sagen.

Nach dem Schreiben halten Sie Ihr Meisterwerk in den Händen. Schwarz auf Weiß. Jetzt ist die Zeit reif für Ihren Auftritt mit Stimme, Gesten und Mimik, für Ihre Redezeit. In diesem Metier sind Sie der Experte und deshalb schweige ich – und höre Ihnen zu.

Autorin: Gabriele Borgmann
© Rhetorikmagazin, Foto: Gabriele Borgmann


Gabriele Borgmann ist Ghostwriterin für Sachbücher und Unternehmensbücher sowie Beraterin für gelungene Texte im Geschäftsleben.

Zuvor hat sie in den Korrektoraten verschiedener Zeitungen, als Referentin in einer politischen Institution und als Chefredakteurin eines PR-Fachblatts gearbeitet sowie den Praxisratgeber Pressearbeit veröffentlicht.

Mit ihrem Buch „Business-Texte“ fächert sie die Textsorten in Unternehmen auf.Von der E-Mail bis zum Geschäftsbericht, von der Rede bis zum Corporate Book. Sie zeigt, wie eine Schreibstimme entsteht, welche Arbeitstechniken für Projekte sinnvoll sind. Sie weckt Freude am Schreiben.


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